Cheikh Anta Diop aus senegal

Seit 1926 wird in den USA im Februar der Schwarzen Geschichte gedacht. Viele wissen nicht, dass der Monat auch ein wichtiger Monat der Dekolonisierung der afrikanischen Geschichte ist. Die bahnbrechende Arbeit von Cheikh Anta Diop machte es möglich, dass wir die Geschichte Ägyptens ganz anders sehen.

simon INOU* & Beverly Mtui*

Seit 1926 wird die Schwarze Geschichte in den USA in großen und kleinen Bildungseinrichtungen, Zentren für Schwarze Kultur und Gemeindezentren gefeiert. Präsident Gerald Ford führte den landesweiten Black History Month schließlich anlässlich der Zweihundertjahrfeier der Vereinigten Staaten 1976 ein. 

Auch in Österreich führte PAMOJA – die Bewegung der jungen afrikanischen Diaspora in Österreich –  Ende der 90er Jahre den Black History Month ein.  In den vergangenen Jahren werden diese Feierlichkeiten immer bekannter, auch innerhalb der Mehrheitsgesellschaft. Der Black History Month wird jedoch erst ernsthaft an Bedeutung gewinnen, wenn die Geschichte Afrikas richtig dargestellt wird. 

Falsche Bilder in der Bildung und Wissenschaft

Kinder wachsen seit Generationen mit negativen Bildern über Afrika auf. Der Kontinent wird vor allem mit Sklaverei, Kolonialismus, Armut und Ausbeutung in Verbindung gebracht. Dieser negative Blickwinkel wird politisch, wirtschaftlich, kulturell, und vor allem wissenschaftlich gepflegt. Schwarze Geschichte und Errungenschaften von Schwarzen werden dabei immer noch verneint. Das geschieht aus einem rassistischen Blickwinkel, der Europa zum Nabel der Welt verklärt („Eurozentrismus“).

Selten werden Schwarze Menschen in einem positiven Zusammenhang erwähnt. Wir hören und lesen kaum etwas über Schwarze Erfinder:innen. Schwarze Menschen erscheinen in der eurozentristisch geprägten Geschichtsschreibung meist passiv, statt als Gestalter:innen der Welt. Außer vielleicht, wenn sie konkret gegen Rassismus aufgetreten sind. (In der Wikipedia gibt es nun eine bewusste Initiative namens Wiki Unseen”, die dieses Zerrbild zu ändern versucht.) 

Aber so wird auch Wissen über große afrikanische Zivilisationen und ihre wichtigen Beiträge zur Welt teils unbewusst verschweigen, teils bewusst vertuscht und manipuliert. Aufgrund dieser Geschichtsbetrachtung sind in den letzten 20  Jahren hauptsächlich in Nordamerika und langsam auch in Europa vermehrt afrikanisch zentrierte Bildungseinrichtungen und Schulen entstanden. Hier wird ein Bildungsansatz verfolgt, der die Beiträge afrikanischer Vorfahr:innen zur Zivilisation und Kultur der Welt wertschätzt und in Lehrplänen festhält. Afrikaner:innen als Handlungsfiguren der eigenen Geschichte. 

Die Dekolonisierung der afrikanischen Geschichte durch Cheikh Anta Diop  

Ein wichtiger Wendepunkt für diese Geschichtsschreibung war im Februar 1974 in Kairo. Und eine wichtige Person in dieser Geschichte war Cheikh Anta Diop. Der wurde 1923 in Caytou, einem kleinen Dorf in West-Senegal, als Sohn muslimischer Bauern geboren. Er studierte an der Sorbonne in Paris, später im Collège de France neben Sozial- und Geisteswissenschaften auch Physik und Mathematik. Seine erste Dissertationsarbeit erschien als Buch unter dem Titel „Nation Nègres et Culture“ („Schwarze Nationen und Kultur“). Diop vertritt darin die These, dass die Bevölkerung zur Zeit des pharaonischen Ägyptens Schwarz war. Die Universität Sorbonne lehnte die Arbeit ab.

In den 1950er und 1960er Jahren lösten wissenschaftliche Arbeiten afrikanischer Forscher:innen über die Ursprünge der Besiedlung und die Zivilisation des Alten Ägypten eine Polemik in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft aus. Forscher:innen aus ehemaligen Kolonialmächten bestanden darauf, dass Ägypten keine afrikanische Zivilisation sei, sondern eine euroasiatische. 

Um eine wissenschaftliche Lösung zu finden, veranstaltete die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Wissenschaft und Kultur) 1974 in Kairo ein internationales Kolloquium zum Thema. Diop sollte in Kairo seine These vom Schwarzen Ursprung Ägyptens wissenschaftlich beweisen. Er und Theophile Obenga überwältigten Teilnehmer:innen offenbar mit ihren damals neuen Forschungsmethoden und Ergebnissen. Im abschließenden Bericht heißt es, trotz der im Vorfeld ausgeschickten Unterlagen seien ihre detaillierten Diskussionsvorlagen nicht mit vergleichbaren Antworten bedacht worden.

Obwohl die Akten des Kolloquiums eine eindeutige Sprache sprechen, bleiben die Geschichtsbücher Europas stumm darüber. Die alt-ägyptische Zivilisation wird in Österreich immer noch so unterrichtet, als ob die Alten Ägypter:innen Weiß und europäisch waren. 

Cheikh Anta Diop legte einen sehr wichtigen Grundstein dafür, dass die Geschichte Afrikas ohne rassistische Vorurteile geschrieben werden konnte. Heute wird in ganz Afrika und in der Diaspora anhand seiner Arbeiten die Geschichte Afrikas entkolonialisiert geschrieben. Eine der größten Universitäten Senegals wurde nach ihm benannt. Menschen, die sich ernsthaft mit Schwarzer Geschichte auseinander setzen wollen, müssen Cheikh Anta Diops Werke lesen. Er wird vorwiegend in ganz Afrika und USA gelehrt. In den USA ist Molefi Kete Asante der führende Forscher. Alle von Diops Arbeiten sind übrigens auch schon auf Englisch übersetzt worden. 

Der Artikel erschient zuerst bei moment.at mit den Titel: Cheikh Anta Diop zeigte, dass unsere Geschichte vom Alten Ägypten rassistisch und falsch war.