Claudia Unterweger ist das neue Gesicht der „Zeit im Bild“
Von Nasila Berangy
„Ich war gerade beim Radiomachen, als mich meine Vorgesetzte fragte, ob ich Interesse hätte, auf ORF eins den ,ZiB Flash‘ zu moderieren“, sagt Claudia Unterweger. Für die 39-jährige Österreicherin war es von Anfang an klar – das klingt nicht unspannend. Der Hintergrund: Der ORF suchte innerhalb des Unternehmens Moderatoren, ihre Vorgesetzte war gerade dabei, eine Namensliste mit möglichen Kandidaten zu erstellen.
Einige Tage später wurde sie zum Casting eingeladen. Dabei ging es darum, eine Meldung umzuschreiben und zu präsentieren. Sie stellte sich gut an und hatte Spaß vor der Kamera. Von Chefredakteur Fritz Dittlbacher habe sie bald ein positives Feedback bekommen. Am Montag war es schließlich so weit – Unterweger hatte ihren ersten Auftritt als Nachrichtensprecherin im Fernsehen. Alternierend mit Mathias Euba und Christiane Wassertheurer moderiert sie nun regelmäßig den „ZiB Flash“.
„Österreich ist vielfältig“
Im Radio ist sie auf FM4 bereits seit zehn Jahren zu hören – nun ist auch das Gesicht zur Stimme präsent. Ein Gesicht, das so etwas wie einen Meilenstein in der österreichischen Medienlandschaft markiert. Denn Unterweger hat afrikanische Wurzeln: einen Elternteil aus Afrika, einen aus Österreich. Viel mehr will sie darüber gar nicht sagen – das habe nichts mit ihrer journalistischen Qualifikation zu tun.
In ihrem Engagement sieht sie dennoch ein wichtiges Signal an alle, auch an die Mehrheitsgesellschaft: Denn „Österreich ist vielfältig“. Und junge Menschen mit Migrationshintergrund sollten sich durch ihr Beispiel ermutigt und bestätigt fühlen, sich als einen Teil der Gesellschaft zu sehen, hofft sie.
Das Wort Vorbild will sie allerdings nicht in den Mund nehmen, sie spricht lieber über ihre eigenen Erfahrungen. Als Jugendliche hätte sie sich viel mehr schwarze Menschen im öffentlichen Raum gewünscht. Dementsprechend war es für sie eine „Sternstunde“, als sie erstmals Arabella Kiesbauer auf dem Bildschirm sah. In diesem Moment war Unterweger klar, dass sie nicht allein ist.
Das Gefühl, nicht allein zu sein, hatte sie auch im Verein Pamoja, einer Bewegung der jungen afrikanischen Diaspora in Österreich, in der sich junge Schwarze politisch engagieren. Hier konnte sie erstmals die Erfahrung machen, dass sie nicht eine „exotische Erscheinung“ ist, sondern einer Gemeinschaft angehört.
Das Aufwachsen in Österreich war für sie eine Herausforderung. Denn ihre Umwelt habe ihr immer signalisiert, dass sie anders sei und immer speziell behandelt wurde. Eine schmerzliche Erfahrung, wie sie heute sagt. Und das seien keine Einzelerfahrungen, sehr viele schwarze Menschen würden nach wie vor nicht als selbstverständlicher Teil der Bevölkerung gesehen. Unterweger: „Wir sind viele, aber oft nicht sichtbar.“
Rassismus ist eine alltägliche „Normalität“, sagt sie, auch wenn ihr das Wort nicht gefalle, aber nach wie vor werde es geleugnet und würden die Augen davor verschlossen. Das fange im Kindergarten an und setze sich in der Schule fort. Da würden etwa rassistische Lieder wie „Zehn kleine Negerlein“ gesungen oder würde Afrika als Kontinent der Unterentwicklung und Unzivilisiertheit dargestellt.
An österreichischen Traditionen wie dem „Mohr im Hemd“ werde festgehalten. Und nach wie vor gebe es physische Gewalt im öffentlichen Raum – selbst bei der Polizei begegne man dieser Linie. Auch Unterweger selbst war von verbalem und physischem Rassismus betroffen: „Rassismus als Phänomen betrifft uns alle. Nur diejenigen, die zur Zielscheibe werden, haben nicht den Luxus, die Augen davor verschließen zu können.“
„Alltäglicher Wahnsinn“
Um den „alltäglichen Wahnsinn“ zu überleben, habe man in der Community die Geschichte der schwarzen Menschen in Österreich aus dem 17. und 18. Jahrhundert erforscht. Damals wurden diese Menschen als Sklaven nach Österreich verschleppt. Im Rahmen des Ausstellungsprojekts „Verborgene Geschichten, remapping Mozart“ und ihrer Diplomarbeit, die sie derzeit finalisiert, hat sich Unterweger die Überlebensstrategien der Schwarzen angeschaut. Einander zu stärken ist dabei ein wichtiger Punkt. Damit im Alltag Rassismus von der Mehrheitsgesellschaft nicht mehr geleugnet wird, leistet sie nach wie vor für den Verein Pamoja Bewusstseinsarbeit.
Dass sie nun seit einigen Tagen das neue „ZiB Flash“-Gesicht ist, sieht sie als einen wichtigen Schritt, den der ORF offensichtlich auch weitergehen wolle. Der Sender habe schließlich den Auftrag, die Gesellschaft zu repräsentieren. Und hier gebe es auch noch viel zu tun. Nicht nur auf dem Bildschirm, sondern auf allen Ebenen.
„Keine Pionierin“
Doch bei aller Euphorie: Als Pionierin will sich Unterweger nicht sehen. Das sei schon Arabella Kiesbauer gewesen, die erste schwarze TV-Moderatorin in Österreich. Mit ihr, Unterweger, gehe die Geschichte jetzt lediglich weiter. „Es ist eine Kontinuität.“
Dass sie auch redaktionelle Beiträge gestalten wird und nicht nur die Rolle der Präsentatorin hat, ist ihr wichtig. Schließlich arbeitet sie seit zehn Jahren bei FM4 – die Sendung „Connected“ wird sie auch weiterhin moderieren –, habe ihre eigenen Positionen und will diese auch in das Programm miteinfließen lassen. Sie geht davon aus, dass die Verantwortlichen das auch so gewollt haben. „Der ORF wird schon gewusst haben, wen er sich da holt.“